[15.1.2021]
Bei uns war es teilweise schwer, bei der Vielzahl von Covid-19-Sondergesetzen und Änderungen Schritt zu halten. Jetzt hat uns der Gesetzgeber in einem Gewaltakt die wohl größte Insolvenzrechtsreform seit Einführung der Insolvenzordnung mit Verabschiedung des SanInsFoG am 17.12.2020 den nächsten Brocken vor die Füße geworfen. Der Gesetzgeber hat wohl Sorge vor einer erheblichen Verschärfung der wirtschaftlichen Krise und hat mit diesem Gesetz eine EU-Richtlinie aus Juni 2019 im Eilverfahren umgesetzt.
Kurzfristig wichtig sind aus unserer Sicht folgende Regelungen aus dem alten Jahr und die aktuellen Neuregelungen:
Krise und Insolvenz
[14.1.2021]
Das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens sieht nicht nur die Verkürzung der Restschuldbefreiungsverfahrensdauer von 6 auf 3 Jahren vor, sondern beinhaltet auch die Möglichkeit für gewerblichen Mieter, ihre Mietverträge bei COVID-19-bedingten behördlichen Nutzungs-/Schließungsverfügungen anpassen und kündigen zu können.
Nach dem am 17.12.2020 vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (wir berichteten) können COVID-19-bedingte behördlichen Nutzungs-/Schließungsverfügungen eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage und somit einen Anspruch auf Anpassung des gewerblichen Mietverhältnisses im Sinne des § 313 BGB darstellen.
Nach § 7 EGBGB gilt ab dem 1.1.2021 für gewerbliche Miet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Covid-19 Maßnahmen betroffen sind, eine gesetzliche Vermutung, wonach erhebliche (Nutzungs-) Beschränkungen in Folge der Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB darstellen.
Nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) hat ein Vertragspartner ein Anspruch auf Vertragsanpassung bis hin zur Vertragsbeendigung durch Kündigung, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
Mit der oben genannten Gesetzesänderung gilt die Vermutung, dass das Tatbestandsmerkmal Nr. 1 in den „Corona-Fällen“ vorliegt. Kommt man über die Vermutung in den Anwendungsbereich des § 313 BGB ist zu prüfen, ob die weiteren Tatbestandsmerkmale vorliegen und welche Rechtsfolge sich im Einzelnen ergibt.
Die Mehrheit der Rechtsprechung hatte die Voraussetzungen des § 313 BGB in den „Corona-Fällen“ bisher verneint. Der Gesetzgeber hat mit der Gesetzesänderung ein deutliches Signal für die Rechtsprechung gesetzt, dass das Risiko eines pandemiebedingten Nutzungsausfalls nicht nur der Mieter trägt, sondern unter Umständen über die Anwendung des § 313 BGB eine Verteilung des Risikos auf Mieter und Vermieter vorgenommen werden soll. Jedenfalls werden Mieter und Vermieter durch die neue Gesetzeslage in den Corona-Fällen zurück an den Verhandlungstisch geführt.
Ob auch Ihr Mietverhältnis aufgrund der nunmehr geltenden Gesetzeslage angepasst werden kann, hängt vom Umstand des Einzelfalles ab und sollte von fachlicher Seite geprüft werden.
[19.12.2020]
Es war lange angekündigt und doch bestand erheblicher Zweifel, ob der Bundestag die massiven Änderungen im Insolvenzrecht noch dieses Jahr umsetzt. Im Wesentlichen geht es um die Umsetzung der EU-Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20. Juni 2019 zur Reform des Insolvenzrechts und Einführung eines außergerichtlichen Restrukturierungsverfahrens.
Verkürzung der Restschuldbefreiung
Von vielen Schuldnern war insbesondere die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens ungeduldig erwartet worden. Bereits im September 2020 hatte das Bundesjustizministerium die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre mit Wirkung zum 1. Oktober 2020 angekündigt. Die geplante Verabschiedung des Gesetzes erfolgte aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der zuständigen Ausschüsse jedoch überraschend zunächst nicht. Nunmehr konnte doch Einigkeit gefunden werden und der Entwurf des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (Drucksache 19/25251) wurde verabschiedet. Den verabschiedeten Gesetzesentwurf finden Sie hier. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen wird folgen.
Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz - SanInsFoG
Von allen Fachleuten im Bereich des Insolvenzrechts war neben der Verkürzung der Restschuldbefreiung aber vor allem die weiteren Umsetzungen der oben genannten EU-Richtlinie mit Spannung erwartet worden. Mit dem SanInsFoG stand die größte Reform des Insolvenzrechts seit Abschaffung der Konkursordnung und Einführung der Insolvenzordnung auf dem Programm. Die Auswirkungen des SanInsFoG lassen sich in der Kürze kaum zusammenfassen, da eine Vielzahl tiefgreifender Änderungen und Ergänzungen zum Insolvenzrecht vorgenommen worden sind. Wir selbst arbeiten das neue Gesetz und seine Auswirkungen noch weiter auf. Fachliteratur steht aufgrund der Geschwindigkeit der Umsetzung und der Änderungsprozesse im Gesetzgebungsverfahren nur begrenzt zur Verfügung. Kernstück des SanInsFoG ist sicherlich die Einführung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) - einem neuen Gesetz, welches die Möglichkeit einer außergerichtlichen Sanierung ohne anschließendes Insolvenzverfahren ermöglichen soll. Bisher war eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern nur möglich, wenn alle Gläubiger, in deren Rechte eingegriffen wurden, einer solchen Einigung zustimmten. Das StaRUG lässt nunmehr auch Mehrheitsentscheidungen zu und erlaubt weitreichende Eingriffe in die Rechte der Gläubiger während eines solchen Verfahrens. Das ist vollkommen neues Land und es bleibt abzuwarten, ob diese neuen Möglichkeiten von Unternehmen aller Größenklassen genutzt werden können. Viele Fachleute sehen das Verfahren als zu kompliziert und kostenaufwändig an, so dass es nur von großen Unternehmen realistisch umgesetzt werden könne.
Vorab können Sie den verabschiedeten Gesetzesentwurf hier einsehen. Wir werden über Einzelheiten und Möglichkeiten nach dem SanInsFoG weiter berichten.
[11.12.2020]
In der Ausgabe November/Dezember 2020 des Magazins Unternehmertum Südwestfalen sind wir zu den Themen Krise, Insolvenz und Haftung mit zwei Artikeln vertreten.
Den Artikel "Partner in der Krise" finden Sie hier.
Den Artikel "Vorsicht Haftung!" finden Sie hier.
Ansprechpartner zu den vorgenannten Themen sind Rechtsanwältin Meike Hinzmann und Rechtsanwalt Philipp Korn.
Bitte beachten Sie, dass durch die anstehenden gesetzlichen Änderungen des Insolvenzrechts, die noch für den Dezember 2020 angekündigt sind, sich wesentliche inhaltliche Änderungen kurzfristig ergeben können.
[9.2.2021]
Der Bundestag hat durch die Verabschiedung des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (Drucksache 19/25251) (wir berichteten) für Schuldner/innen eine Möglichkeit geschaffen, sich innerhalb von drei Jahren von nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern zu befreien.
Diese Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre gilt rückwirkend auch diejenigen Insolvenzverfahrens, die ab dem 01.10.2020 beantragt worden sind.
Wichtig ist zu beachten, dass auch weiterhin die Schuldnerinnen und Schuldner innerhalb des Insolvenzverfahrens und der anschließenden Wohlverhaltensphase ihre Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um so nicht die Restschuldbefreiung zu gefährden.
Eine weitere Neuregelung hat der Gesetzgeber u.a. in § 295 InsO geschaffen, in dem er einen weiteren Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung aufgenommen hat. Wenn der Schuldner innerhalb der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten begründet, kann die Restschuldbegründung versagt werden.
Neben der Verkürzung der Restschuldbefreiung hat der Gesetzgeber zudem u.a. geregelt, dass der Schuldner/die Schuldnerin das innerhalb der Wohlverhaltensphase erlangte Vermögen stärker zur Herausgabe verpflichtet ist.
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[5.02.20210]
Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die staatliche Hilfeleistungen aus den zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie aufgelegten Hilfeprogrammen erwarten können, ist bis zum 30. April 2021 verlängert worden.
Der Gesetzgeber hatte zuletzt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 30.09.2020 bis zum 31.12.2020 für diejenigen Unternehmen verlängert, die COVID-19-Pandemiebedingt überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig waren, § 1 Abs. 2 COVInsAG.
Mit der Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (§ 1 Abs. 3 COVInsAG) hat der Gesetzgeber die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Januar 2021 für die Fälle verlängert, die im Zeitraum vom 01. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020 rechtzeitig und nicht offensichtlich aussichtslos einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen von staatlichen Hilfsprogrammen zur Abmilderung der Folge der COVID-19 Pandemie gestellt haben oder die Voraussetzungen für diese Hilfsprogramme erfüllt waren (wir berichteten).
Die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt nicht nur für den Insolvenzgrund der Überschuldung, sondern auch für den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit.
Diese in § 1 Abs. 3 COVInsAG getroffene Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist nunmehr bis zum 30. April 2021 für die zuvor genannten Anträge auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen bis zum 28. Februar 2021 verlängert worden (https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/262/1926245.pdf).
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[15.01.20210]
Bei uns war es teilweise schwer, bei der Vielzahl von Covid-19-Sondergesetzen und Änderungen Schritt zu halten. Jetzt hat uns der Gesetzgeber in einem Gewaltakt die wohl größte Insolvenzrechtsreform seit Einführung der Insolvenzordnung mit Verabschiedung des SanInsFoG am 17.12.2020 den nächsten Brocken vor die Füße geworfen. Der Gesetzgeber hat wohl Sorge vor einer erheblichen Verschärfung der wirtschaftlichen Krise und hat mit diesem Gesetz eine EU-Richtlinie aus Juni 2019 im Eilverfahren umgesetzt.
Kurzfristig wichtig sind aus unserer Sicht folgende Regelungen aus dem alten Jahr und die aktuellen Neuregelungen:
Krise und Insolvenz
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[14.01.20210]
Das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens sieht nicht nur die Verkürzung der Restschuldbefreiungsverfahrensdauer von 6 auf 3 Jahren vor, sondern beinhaltet auch die Möglichkeit für gewerblichen Mieter, ihre Mietverträge bei COVID-19-bedingten behördlichen Nutzungs-/Schließungsverfügungen anpassen und kündigen zu können.
Nach dem am 17.12.2020 vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (wir berichteten) können COVID-19-bedingte behördlichen Nutzungs-/Schließungsverfügungen eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage und somit einen Anspruch auf Anpassung des gewerblichen Mietverhältnisses im Sinne des § 313 BGB darstellen.
Nach § 7 EGBGB gilt ab dem 1.1.2021 für gewerbliche Miet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Covid-19 Maßnahmen betroffen sind, eine gesetzliche Vermutung, wonach erhebliche (Nutzungs-) Beschränkungen in Folge der Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB darstellen.
Nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) hat ein Vertragspartner ein Anspruch auf Vertragsanpassung bis hin zur Vertragsbeendigung durch Kündigung, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
Mit der oben genannten Gesetzesänderung gilt die Vermutung, dass das Tatbestandsmerkmal Nr. 1 in den „Corona-Fällen“ vorliegt. Kommt man über die Vermutung in den Anwendungsbereich des § 313 BGB ist zu prüfen, ob die weiteren Tatbestandsmerkmale vorliegen und welche Rechtsfolge sich im Einzelnen ergibt.
Die Mehrheit der Rechtsprechung hatte die Voraussetzungen des § 313 BGB in den „Corona-Fällen“ bisher verneint. Der Gesetzgeber hat mit der Gesetzesänderung ein deutliches Signal für die Rechtsprechung gesetzt, dass das Risiko eines pandemiebedingten Nutzungsausfalls nicht nur der Mieter trägt, sondern unter Umständen über die Anwendung des § 313 BGB eine Verteilung des Risikos auf Mieter und Vermieter vorgenommen werden soll. Jedenfalls werden Mieter und Vermieter durch die neue Gesetzeslage in den Corona-Fällen zurück an den Verhandlungstisch geführt.
Ob auch Ihr Mietverhältnis aufgrund der nunmehr geltenden Gesetzeslage angepasst werden kann, hängt vom Umstand des Einzelfalles ab und sollte von fachlicher Seite geprüft werden.
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[19.12.2020]
Es war lange angekündigt und doch bestand erheblicher Zweifel, ob der Bundestag die massiven Änderungen im Insolvenzrecht noch dieses Jahr umsetzt. Im Wesentlichen geht es um die Umsetzung der EU-Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20. Juni 2019 zur Reform des Insolvenzrechts und Einführung eines außergerichtlichen Restrukturierungsverfahrens.
Verkürzung der Restschuldbefreiung
Von vielen Schuldnern war insbesondere die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens ungeduldig erwartet worden. Bereits im September 2020 hatte das Bundesjustizministerium die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre mit Wirkung zum 1. Oktober 2020 angekündigt. Die geplante Verabschiedung des Gesetzes erfolgte aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der zuständigen Ausschüsse jedoch überraschend zunächst nicht. Nunmehr konnte doch Einigkeit gefunden werden und der Entwurf des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens (Drucksache 19/25251) wurde verabschiedet. Den verabschiedeten Gesetzesentwurf finden Sie hier. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen wird folgen.
Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz - SanInsFoG
Von allen Fachleuten im Bereich des Insolvenzrechts war neben der Verkürzung der Restschuldbefreiung aber vor allem die weiteren Umsetzungen der oben genannten EU-Richtlinie mit Spannung erwartet worden. Mit dem SanInsFoG stand die größte Reform des Insolvenzrechts seit Abschaffung der Konkursordnung und Einführung der Insolvenzordnung auf dem Programm. Die Auswirkungen des SanInsFoG lassen sich in der Kürze kaum zusammenfassen, da eine Vielzahl tiefgreifender Änderungen und Ergänzungen zum Insolvenzrecht vorgenommen worden sind. Wir selbst arbeiten das neue Gesetz und seine Auswirkungen noch weiter auf. Fachliteratur steht aufgrund der Geschwindigkeit der Umsetzung und der Änderungsprozesse im Gesetzgebungsverfahren nur begrenzt zur Verfügung. Kernstück des SanInsFoG ist sicherlich die Einführung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) - einem neuen Gesetz, welches die Möglichkeit einer außergerichtlichen Sanierung ohne anschließendes Insolvenzverfahren ermöglichen soll. Bisher war eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern nur möglich, wenn alle Gläubiger, in deren Rechte eingegriffen wurden, einer solchen Einigung zustimmten. Das StaRUG lässt nunmehr auch Mehrheitsentscheidungen zu und erlaubt weitreichende Eingriffe in die Rechte der Gläubiger während eines solchen Verfahrens. Das ist vollkommen neues Land und es bleibt abzuwarten, ob diese neuen Möglichkeiten von Unternehmen aller Größenklassen genutzt werden können. Viele Fachleute sehen das Verfahren als zu kompliziert und kostenaufwändig an, so dass es nur von großen Unternehmen realistisch umgesetzt werden könne.
Vorab können Sie den verabschiedeten Gesetzesentwurf hier einsehen. Wir werden über Einzelheiten und Möglichkeiten nach dem SanInsFoG weiter berichten.
[11.12.2020]
In der Ausgabe November/Dezember 2020 des Magazins Unternehmertum Südwestfalen sind wir zu den Themen Krise, Insolvenz und Haftung mit zwei Artikeln vertreten.
Den Artikel "Partner in der Krise" finden Sie hier.
Den Artikel "Vorsicht Haftung!" finden Sie hier.
Ansprechpartner zu den vorgenannten Themen sind Rechtsanwältin Meike Hinzmann und Rechtsanwalt Philipp Korn.
Bitte beachten Sie, dass durch die anstehenden gesetzlichen Änderungen des Insolvenzrechts, die noch für den Dezember 2020 angekündigt sind, sich wesentliche inhaltliche Änderungen kurzfristig ergeben können.
[11.09.2020]
Mit dem am 02. September 2020 veröffentlichten Gesetzesentwurf zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes hat die Bundesjustizministerin (Quelle: https://www.bmjv.de/…/D…/FH_GEBT_Verlaengerung_CoVInsAG.pdf…) die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht begrenzt für den Zeitraum vom 01.10.2020 bis 31.12.2020 verlängert.
Wichtig dabei ist, dass der Gesetzentwurf die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur für die Fälle der Überschuldung im Sinne des § 19 InsO vorsieht.
Sollte ein Unternehmen zahlungsunfähig sein, besteht ab dem 1.10.2020 die „alte“ Insolvenzantragspflicht mit allen Haftungskonsequenzen für die Geschäftsführer und Vorstände.
[25.08.2020]
50-60% weniger Insolvenzanträge bei den Gerichten? Nachtrag und Nachschlag zu unserem Beitrag zur Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Eine Nachfrage bei einzelnen Insolvenzgerichten durch die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltverein (https://arge-insolvenzrecht.de/de/rundbrief-5-2020) hat einen Rückgang der angemeldeten Unternehmensinsolvenzen um 50 - 60% ergeben.
Sicherlich ist das noch keine statistisch valide Größe, bestätigt aber unseren Eindruck und unseren Informationen aus unserem Netzwerk.
Wie kann es aber sein, dass trotz erheblichen Einbruchs der Wirtschaftsleistung die Insolvenzantragszahlen so erheblich sinken?
Die einzige Schlussfolgerung kann nur sein, dass wir eine undefinierte Bugwelle von eigentlich insolvenzreifen Unternehmen vor uns her schieben. Diese Unternehmen werden weitere Unternehmen mit in den Abgrund ziehen. Das Vertrauen in die Bonität der Marktteilnehmer wird weiter sinken. Das Geschäft der Kreditversicherer wird angetrieben und gleichzeitig erschwert. Inzwischen sehen wir vermehrt Versicherungsmodelle gegen Insolvenzanfechtungen, da die Unsicherheiten im Markt weiter wachsen. Es wird der Zeitpunkt für harte Sanierungsschritte verpasst bis nur noch
die Scherben aufgekehrt werden können.
Selbst wenn die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ab dem 1.10.2020 nur für den Insolvenzgrund der Überschuldung gelten soll und nicht für die Zahlungsunfähigkeit (diese Einschränkung wird überlegt), so bezweifeln wir, dass dies von den bereits überforderten Organen der Unternehmen ausreichend wahrgenommen und / oder umgesetzt werden wird.
Tatsächlich kreative und sinnbringende Maßnahmen wie der Nachrang von Covid-19-Krediten, die zügige Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie der EU mit pragmatischen Sanierungsinstrumenten und/oder eine schmerzhafte aber notwendige Marktbereinigung von überlebensunfähigen Unternehmen mit neuen Perspektiven für Arbeitnehmer und Unternehmer sind leider noch nicht erkennbar.
[21.08.2020]
Wir hatten uns bereits dazu geäußert, dass die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gesamtwirtschaftlich äußerst kritisch zu sehen ist [Aktuelles vom 10.8.2020].
Mit dem CovInsAG (Covid-19 Insolvenzaussetzungsgesetz) hat der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht zunächst befristet bis zum 30.9.2020 ausgesetzt. Das Gesetz sieht die Möglichkeit vor, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch Rechtsverordnung bis zum 31.3.2021 zu verlängern. Die Bundesjustizministerin hat offiziell über die Internetseite des Bundesjustizministeriums angekündigt, für die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen bis zum 31.3.2021 zu votieren.
Wir halten diesen Schritt für bedenklich. Das Vertrauen in die Bonität der Marktteilnehmer wird maßgeblich durch das Vorhandensein insolvenzreifer Unternehmen („Zombieunternehmen“) erschüttert. Vertrauensverluste, Forderungsausfälle und nicht marktgerechte Preiskämpfe werden den gesunden Unternehmen zu schaffen machen und unserer Ansicht mehr Schaden anrichten als gewonnen werden kann.
Im Folgenden Beitrag geht es aber um das strafrechtliche und zivilrechtliche Haftungsrisiko der Organe einer eigentlich insolvenzreifen Gesellschaft (Geschäftsführer und Vorstände).
Es wird in der Öffentlichkeit wahrgenommen, dass die Organe der Gesellschaft durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch die Covid-19-Sondergesetze geschützt sind. Das ist aber nur hinsichtlich einiger Tatbestände der Fall (z.B. Insolvenzverschleppung) und auch nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Denn zunächst muss das Organ feststellen, ob die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mit den damit verbundenen Sonderrechten überhaupt für sein Unternehmen gilt. Denn diese Sondergesetze finden nur Anwendung, wenn der Insolvenzgrund durch die Covid-19-Pandemie verursacht worden ist. Wäre die Zahlungsunfähigkeit beispielsweise durch einen endfälligen Kredit auch ohne Covid-19-Pandemie entstanden, gilt die Insolvenzantragspflicht weiter wie bisher. Gleiches gilt, wenn das Unternehmen bereits zum 31.12.2019 insolvenzantragspflichtig war (vereinfacht gesagt). Auch dann kann sich der Geschäftsführer nicht ohne Weiteres auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht berufen. Es gibt noch weitere Faktoren, die wir hier nicht im Einzelnen erläutern können, aber zu einer Nichtanwendung der Covid-19-Sonderregelungen führen.
Selbst wenn die Gesellschaft unter den Schutz der Sonderregelungen fällt, hilft das oftmals nicht weiter wie aus dem folgenden Beispiel deutlich wird:
Das Unternehmen XY GmbH war bis zum 31.12.2019 gesund. Durch die Covid-19-Pandemie wird das Unternehmen im August 2020 zahlungsunfähig (vereinfacht: die fälligen Verbindlichkeiten können nicht vollständig zum Fälligkeitszeitpunkt bezahlt werden). Aufgrund der Covid-19-Sonderregelungen ist das Unternehmen nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Es liegt keine Insolvenzverschleppung vor. ABER: Wie soll der Betrieb ohne Liquidität weitergeführt werden? Der Geschäftsführer darf ab diesem Zeitpunkt keine Einkäufe mehr auf Rechnung vornehmen, sondern müsste „freiwillig“ bei seinen Lieferanten auf Vorkasse umstellen oder er müsste dem Vertragspartner offenbaren, dass er zahlungsunfähig ist – was zweifelsfrei zum gleichen Ergebnis (Vorkasse) führen wird. Da das Unternehmen aber kein Geld hat, ist die Vorkasseleistung dem Geschäftsführer faktisch nicht möglich – er kann also keine Waren und Dienstleistungen zur Aufrechterhaltung des Betriebes einkaufen. Lässt der Geschäftsführer aber weiter Bestellungen auf Rechnungen in seinem Betrieb zu, erfüllt er den Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB, Stichwort Eingehungsbetrug). Denn in jeder Bestellung auf Rechnung steckt auch die Aussage an den Empfänger, dass der Besteller zahlungsfähig und zahlungswillig ist. Ist das Unternehmen aber insolvent, täuscht der Geschäftsführer mit der Bestellung auf Rechnung über diese Zahlungsfähigkeit, was wiederum den Tatbestand des Betruges erfüllt. Der Geschäftsführer haftet strafrechtlich für den Betrug und zivilrechtlich gegenüber den Geschädigten auf Schadensersatz.
Diese Konsequenz und Realität werden von der Politik verschwiegen oder zumindest verharmlost. Das Wissen darüber wird als selbstverständlich angesehen und nicht öffentlich diskutiert.
Die wahre Welt sieht aber anders aus. Der Geschäftsführer ist kein Jurist und in der Regel bemüht, das Unternehmen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Er kämpft täglich um das Überleben und kann oftmals die rechtliche Tragweite seines Handelns nicht überschauen. Hier fehlt es unserer Ansicht nach an öffentlichen Warnhinweisen und Aufklärung. Mit der weiteren Aufschiebung der Insolvenzantragspflicht werden Fehlvorstellungen weiter gefördert und viele Geschäftsführer zu Risiken verleitet, die ihnen überhaupt nicht bewusst sind. Wer genau hinsieht, erkennt zwar in dem Statement der Bundesjustizministerin, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht über den 30.9.2020 hinaus nur für „überschuldete“ Unternehmen gelten soll. Offensichtlich soll die Verlängerung der Insolvenzantragspflicht danach nicht für den Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit gelten. Aber kommt das in der Öffentlichkeit tatsächlich ausreichend an? Ist das den Geschäftsführern und Vorständen bewusst? Unserer Ansicht nach werden weitere Fehlvorstellungen geschürt und faktisch werden wir mit einer steigenden Anzahl von Insolvenzverschleppungen rechnen müssen.
Diese Problematik ist der Politik auch bekannt. In der EU-Restrukturierungsrichtlinie vom 20. Juni 2019 (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019L1023 ) findet sich in Artikel 3 die Vorgabe, dass die Länder Frühwarnsysteme für die Unternehmen einzuführen haben, damit auch Organe von Unternehmen in Krisen nicht blind in die erheblichen Risiken hineinrutschen und rechtzeitig entsprechende Maßnahmen einleiten können. Mit Spannung bleibt zu erwarten, wie und wann solche Warnsysteme bei uns eingeführt werden.
Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und die Öffentlichkeitsarbeit der Politik haben aktuell eine klar gegenteilige Wirkung – hier wird nicht gewarnt, sondern es werden viele Unternehmer und Unternehmen blind ins Risiko laufen gelassen. Ganz zu schweigen von dem Schaden, der anderen gesunden Unternehmen durch diese Situation entsteht.
[20.08.2020]
Die Anfragen in Bezug auf einen Insolvenzantrag häufen sich bei uns merklich. Offensichtlich geht immer mehr Unternehmen trotz aller staatlich zugesagten Hilfspakete langsam die Luft aus. Wenn die Perspektive für das Unternehmen fehlt, ist der Insolvenzantrag oftmals die richtige und vielleicht auch die einzige Möglichkeit.
Aber vor der Stellung des Insolvenzantrages sollte dringend geprüft werden, welche Konsequenzen mit dem Insolvenzantrag verbunden sind, ob es vielleicht doch noch Alternativen zu dem Insolvenzantrag gibt und/oder welcher Zeitpunkt der Richtige für einen Insolvenzantrag ist.
Dies zeigt folgendes Beispiel:
Die XY GmbH befand sich bereits in 2019 in einer wirtschaftlichen Krise und veräußerte im Januar 2020 eine Betriebsimmobilie der GmbH für 600.000 €. Aus dem Erlös wurden Darlehen i.H.v. 300.000 € zurückgeführt und mit der übrigen Liquidität wurde das operative Geschäft aufrechterhalten.
Im Juli und August 2020 sind jedoch alle Reserven des Unternehmens aufgebraucht. Durch die Coronakrise ist auch keine Perspektive für den Gesellschafter und Geschäftsführer erkennbar. Um eine persönliche Haftung zu vermeiden, soll nunmehr der Insolvenzantrag gestellt werden.
Tatsächlich stellt sich bei dem Erstgespräch jedoch heraus, dass der Gesellschafter für das Darlehen der Bank, welches im Januar 2020 aus den Erlösen der Betriebsimmobilie zurückgeführt wurde, zusätzlich auch eine Bürgschaft abgegeben hatte. Diese Sicherungspraxis der Banken begegnet uns häufig, kann aber für den Gesellschafter ein erhebliches Haftungsrisiko in der Insolvenz darstellen.
Nach § 135 Abs. 2 Insolvenzordnung haftet der Gesellschafter in einem Zeitraum von zwölf Monaten vor der Insolvenzantragstellung für die Tilgung von Darlehen der insolventen Gesellschaft, wenn die Tilgung aus dem Vermögen der Gesellschaft erfolgt und wenn dadurch der Gesellschafter von einer von ihm gestellten Sicherheit befreit wird.
In unserem Beispielfall hätte der Insolvenzantrag zum jetzigen Zeitpunkt dazu geführt, dass der Insolvenzverwalter 300.000,00 Euro von dem Gesellschafter gefordert hätte, weil der Gesellschafter im Januar 2020 von seiner persönlichen Bürgschaft befreit wurde.
Um den Insolvenzantrag noch bis Februar 2021 hinausschieben zu können, benötigte das Unternehmen 50.000 € liquide Mittel. Der Gesellschafter hat sich entschieden, diese Mittel in die Gesellschaft zu geben und den Insolvenzantrag erst nach Ablauf der 12-Monats-Frist zu stellen. Seine Haftung hat sich dadurch um 250.000 € reduziert.
Gerade § 135 InsO ist für Gesellschafter tückisch. Die Haftungsfolge tritt nämlich nicht nur im Zeitraum vor der Insolvenzantragstellung ein, sondern gilt auch für das gesamte Insolvenzverfahren! Verwertet der Insolvenzverwalter für eine Bank Sicherungsgut (z.B. Maschinen) zur Rückführung eines Darlehens, für den auch der Gesellschafter bürgt, tritt die gleiche Haftung ein wie oben beschrieben. Dieses Haftungsrisiko haben viele Gesellschafter nicht auf dem Schirm, wenn der Geschäftsführer zur Antragstellung zum Insolvenzgericht unterwegs ist. Und dies ist nur ein Beispiel von vielen Falltüren im Zusammenhang mit der Insolvenz.
[18.08.2020]
Der Strukturwandel in vielen Unternehmen hat längst begonnen. Verschärft durch die aktuelle Corona-Pandemie greifen die Unternehmen derzeit zu flexiblen Personalanpassungsmaßnahmen. Besonders beliebt sind derzeit so genannte „Frühverrentungsmodelle“. Dabei wird insbesondere älteren Mitarbeitern eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung angeboten. Nicht selten erhalten Mitarbeiter mit über 40-jähriger Betriebszugehörigkeit überraschend ein Angebot, gegen Zahlung einer Abfindung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen. Dabei ist insbesondere bei Fach- und Führungskräften Vorsicht geboten. Abseits der wichtigen Frage zur zukünftigen Ausgestaltung des beruflichen Lebens, ergeben sich rechtliche Fragestellungen von großer Bedeutung im Bereich des Arbeits-, Steuer- sowie des Sozialversicherungsrechts.
Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung kann häufig zu deutlichen Nachteilen bei dem späteren Bezug von Arbeitslosengeld führen. Es ergeben sich zudem empfindliche Auswirkungen auf eine bestehende betriebliche Altersversorgung. Letztendlich stellt sich die Frage, wie eine erzielte Abfindung optimal versteuert werden kann. Die angebotene Abfindung soll häufig ein Großteil der Nachteile kompensieren. In dieser Situation ist es ratsam, eine sorgfältige Analyse sämtlicher mit der Frühverrentung verbundener, rechtlicher und finanzieller Nachteile vorzunehmen. Nur so kann festgestellt werden, ob das Angebot fair und angemessen ist. Wir unterstützen Sie bei allen rechtlichen und finanziellen Fragestellungen rund um das Thema Frühverrentung gemeinsam mit der mit uns kooperierenden Steuerberatungsgesellschaft Roels, Harnischmacher und Partner.
Sprechen Sie uns an!
Erstberatungsgespräche sind auch telefonisch und / oder als Videokonferenz möglich.
Ansprechpartner ist Herr Stephan H. Dietrich, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
[13.08.2020]
Vermehrt sehen wir das Problem, dass es Rückkehrer aus der Elternzeit seit Covid-19 schwieriger haben als vor der Pandemie.
Viele Unternehmen in allen Größenklassen haben wirtschaftliche Einbußen durch Covid-19 erlitten. Belastbare Planungen für die Zukunft sind aktuell kaum möglich. Über die Änderungen der Kurzarbeit hat die Regierung versucht, Massenentlassungen zu vermeiden und die betroffenen Unternehmen zu stützen.
Trotzdem stellen sich viele Unternehmen die Frage, wie sie mit den Rückkehrern aus der Elternzeit umgehen sollen. Der gesetzliche Beschäftigungsanspruch ist unstreitig. Aber viele Unternehmen ziehen es bei geringerem Auftragsbestand vor, die bestehenden Teams und Arbeitsgruppen zusammenzuhalten und entscheiden sich für eine Kündigung bzw. für ein Aufhebungsangebot bei den Rückkehrern aus der Elternzeit. Die Motive sind vielfältig. Eine nicht unerhebliche Rolle spielt das Risiko, dass die Betreuung der in der Regel sehr jungen Kinder der Elternzeitrückkehrer in Zeiten von Covid-19 sehr unsicher ist. Dieses Risiko ist aus Sicht des Arbeitgebers verständlich, führt aber zu einem gesellschaftlichen Rückschritt, Beruf und Elternschaft in Einklang zu bringen. Wieder einmal sind besonders alleinerziehende Elternteile und Mütter betroffen, die immer noch den quantitativ größten Teil der Elternzeitnutzer darstellen.
Auch diese Folge von Covid-19 sollte als Herausforderung von der Politik erkannt und angegangen werden.
Die Betroffenen Rückkehrer stehen oft in einem Dilemma. Ihnen ist bewusst, dass viele Arbeitgeber durch Covid-19 vor wirtschaftlichen Problemen stehen. Darüber hinaus werden sie häufig damit konfrontiert, dass ansonsten jemand anderem aus dem Team gekündigt werden müsse.
In dieser Situation ist es aus unserer Sicht immer sinnvoll, eine objektive und fachliche Beratung hinzuzuziehen, um die Möglichkeiten und vielleicht schon unterbreiteten Abfindungsangebote zu prüfen. Vorschnell getroffene Aufhebungsvereinbarungen können zu Nachteilen beim Arbeitslosengeld führen. Gerade bei größeren Unternehmen sind die ersten Angebote unterhalb der branchenüblichen Größenordnung. Vielleicht macht es auch Sinn, den Beschäftigungsanspruch durchzusetzen und / oder eine Teilzeitbeschäftigung einzufordern.
Sprechen Sie uns an. Erstgespräche sind auch telefonisch oder als Videokonferenz möglich.
[11.08.2020]
Mit der aktuellen Fassung des Entwurfs zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vom 01. Juli 2020 nähert sich die Bundesregierung der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 in Teilbereichen an.
Der Entwurf regelt für Verbraucher und Verbraucherinnen die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre sowie das Außerkrafttreten des Tätigkeitsverbotes nach Erteilung der Restschuldbefreiung.
Laut dem jetzigen Gesetzesentwurf soll die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens für Insolvenzverfahrens gelten, die ab dem1. Oktober 2020 beantragt werden.
Für Insolvenzverfahren, die in dem Zeitraum vom 17. Dezember 2019 bis zum 30. September 2020 beantragt worden sind bzw. beantragt werden, sieht der Entwurf ebenfalls eine Verkürzung der Restschuldbefreiungsdauer vor. Diese Rückwirkung führt aber nur zu einer eingeschränkten Verkürzung der Restschuldbefreiungsdauer. So gilt beispielsweise für einen am 15.September 2020 gestellten Insolvenzantrag eine Abtretungsdauer (=Restschuldbefreiungsdauer) von vier Jahren und 10 Monaten. Bei einem Insolvenzantrag nach dem 30.9.2020 würde die kurze neue Abtretungsfrist von 3 Jahren gelten.
Ob dieser Gesetzesentwurf verabschiedet wird, bleibt abzuwarten. Vor einer förmlichen Verabschiedung des Gesetzes ist die im Entwurf vorgesehene Rückwirkung noch nicht rechtssicher.
[10.08.2020]
Die Bundesministerin der Justiz Christine Lamprecht hat angekündigt, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.3.2020 zu beantragen. Dies hat sie zwischenzeitlich auch offiziell über die Homepage des Bundesjustizministeriums verlauten lassen (Quelle: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Zitate/DE/2020/081020_Insolvenzantragspflicht.html).
Stimmen aus der Unions-Fraktion unterstützen den Vorschlag dem Grunde nach, halten aber zunächst eine weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.12.2020 für ausreichend (vgl. Berichterstattung im Handelsblatt).
Der Gesetzgeber hatte aufgrund der Covid-19-Pandemie befristete Änderungen im Insolvenzrecht vorgenommen, die die Insolvenzantragspflicht bis zum 30.9.2020 aussetzen, soweit die Insolvenzgründe "pandemiebedingt" eingetreten sind. Bereits dieses Änderungsgesetz hatte die Möglichkeit eröffnet, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch Verordnung bis zum 31.3.2021 zu verlängern. Von dieser Verlängerung scheint die Bundesjustizministerin und Teile der Unions-Fraktion nunmehr Gebrauch machen zu wollen.
Das Argument für eine Verlängerung der Aussetzung sei, dass den Unternehmen mehr Zeit für die Sanierung und Erholung von den Auswirkungen der Pandemie gegeben werden müsse.
Ob dieser Schritt den Unternehmen tatsächlich hilft und mittel- und langfristig geeignet ist, eine Insolvenzwelle deutscher Unternehmen zu vermeiden, wird von uns kritisch gesehen.
Die wesentlichen der staatlichen Covid-19-Hilfen erfolgen auf Darlehensbasis und stellen eine Passivposition in den Bilanzen der Unternehmen dar. Es ist nach unseren Erfahrungen und Gesprächen mit betroffenen Unternehmen kaum vorstellbar, dass diese Darlehen kurz- oder mittelfristig aus noch nicht absehbaren Gewinnen der Unternehmen zurückgeführt werden können. Auch bei einer Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht werden viele Unternehmen selbst zum 31.3.2021 ein Überschuldungsproblem aufgrund der Verluste haben.
Darüber hinaus hilft die Verlängerung der Insolvenzantragspflicht bei realistischer Einschätzung nicht bei Zahlungsunfähigkeit. Denn sobald diese eingetreten ist, müssten die betroffenen Unternehmen ihren Materialeinkauf auf Vorkasse umstellen, um die Gefahr des Eingehungsbetruges (Organhaftung) zu vermeiden. Damit wird für viele Unternehmen die Fortführung des Betriebs aber quasi unmöglich werden.
Trotz Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (oder gerade wegen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht) erhöht sich das zivilrechtliche und strafrechtliche Risiko der Geschäftsführer und Vorstände erheblich.
Mit der weiteren Aussetzung der Insolvenzantragspflicht besteht das Risiko, dass das Vertrauen der Wirtschaft an die Bonität der Marktteilnehmer immer weiter verloren geht. Es besteht die Gefahr, dass insolvenzreife Unternehmen durch weitere Markttätigkeiten gesunde Unternehmen schädigen und so die vermeintliche Hilfestellung des Staates zu einem höheren Gesamtschaden unserer Wirtschaft führt.
Es bleibt abzuwarten, welche Lösungen die Politik für das grundlegende Problem hat, dass ein nicht unerheblicher Teil der "noch lebenden", aber eigentlich insolvenzreifen Unternehmen künstlich am Markt gehalten wird, aber voraussichtlich nicht mehr zu retten sein werden. Vielleicht wäre ein Schrecken am Ende dem Ende ohne Schrecken vorzuziehen. Eine echte Hilfe könnte den Unternehmen gegeben werden, wenn die bereits lange diskutierten insolvenzrechtlichen Sanierungsmöglichkeiten pragmatisch erweitert werden.
Mit der Kündigung der Arbeitnehmer muss gerechnet werden!
Über die nationale Presse wurde heute bekannt gegeben, dass Galeria Karstadt Kaufhof 62 der verbliebenen Filialen schließen wird. Unter den zu schließenden Filialen befindet sich leider auch Iserlohn. Die Belegschaft soll am Mittag des 19.06.2020 über die Schließung informiert worden sein. Die Geschäftsführung und der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz sollen sich mit dem Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft Verdi auf einen Sozialplan und Interessenausgleich geeinigt haben. Die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter sollen für einen Zeitraum von sechs Monaten in eine Transfergesellschaft überführt werden.
Die Details des Sozialplans, des Interessenausgleichs und der Transfergesellschaft sind noch nicht bekannt.
Aber selbst wenn eine Einigung zwischen den Tarifparteien gefunden worden ist, steht das Schicksal der Mitarbeiter und die Durchführung der geplanten Maßnahmen noch nicht fest. Das Unternehmen befindet sich weiter im insolvenzrechtlichen Schutzschirmverfahren. Ziel eines solchen Verfahrens ist die Vorlage eines Insolvenzplans, was einem Sanierungsplan entspricht. Über diesen Insolvenzplan hat der Gläubigerausschuss, das Insolvenzgericht und schließlich die Gläubigergesamtheit zu entscheiden.
In unserem insolvenzrechtlichen Tätigkeitsbereich haben wir bereits einen Eindruck von der Verhandlungsführung von Galeria Karstadt Kaufhof in dem Schutzschirmverfahren aus der Sicht eines Lieferanten gewinnen können. Es bleibt abzuwarten, ob die Verhandlungsführung gegenüber den Mitarbeitern und Arbeitnehmern fairer und offener geführt werden, als bisher von uns wahrgenommen.
Auch wird es interessant zu wissen sein, welche Gespräche und Verhandlungen mit den Vermietern der Filialen geführt worden sind. Es ist kaum vorstellbar, dass die Vermieter nicht zumindest Übergangsweise zu erheblichen Zugeständnissen bereit waren, um eine Schließung der Filialen entweder zu vermeiden oder zumindest mit einer sozialverträglichen Auslauffrist zu schließen. Was hilft den Mitarbeitern eine sechsmonatige Transfergesellschaft, dessen Beitritt wahrscheinlich mit erheblichen Zugeständnissen verbunden ist. Bei einem Auslaufen des Filialbetriebs über einen Zeitraum von 12 – 24 Monaten hätten sich die Mitarbeiter aus dem laufenden Arbeitsverhältnis bewerben können, und die Vermieter hätten Zeit gehabt, eine nachhaltige Lösung für die Nachnutzung zu finden.
Aktuell macht es aus unserer persönlichen Sicht den Eindruck, dass Galeria Karstadt Kaufhof unter dem Deckmantel der Corona-Krise und unter dem Schutz des Schutzschirmverfahrens eine radikale Restrukturierung mit den schon lange geplanten Filialschließungen vorantreibt, die ohne die Corona-Krise nicht vermittelbar und durchsetzbar gewesen wäre.
Das Arbeitsrecht im Insolvenzverfahren und im Schutzschirmverfahren beinhaltet Besonderheiten, die Galeria Karstadt Kaufhof bei den anstehenden Kündigungen Vorteile bietet. Hier ist es aus Sicht des Arbeitnehmers wichtig, das Zusammenspiel von Arbeitsrecht und Insolvenzrecht zu verstehen. Mit unseren Schwerpunkten im Arbeitsrecht und Insolvenzrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.
Für Iserlohn und die Innenstadt ist diese Entwicklung jedenfalls ein Trauerspiel, und es wird abzuwarten sein, wie die Stadtplaner das sich andeutende Loch in der Innenstadt schließen werden.
[Update: 29.04.2020]
Die obergerichtliche Klärung in Deutschland hat nicht lange auf sich warten lassen:
Der Bundesgerichtshof hat unmittelbar durch zwei Beschlüsse vom 31.03.2020 klargestellt, dass
a) die Regelungen der Verbraucherkreditrichtlinie nach dem Willen des (deutschen) Gesetzgebers nicht für grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen gelten (Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 581/18) und
b) eine Widerrufsbelehrung, die dem (deutschen) Gesetzestext entspricht und daher einer Gesetzlichkeitsfiktion unterfällt, nicht nach deutschem Recht unwirksam sein kann (Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19).
Damit ist klar, dass eine zu einem Immobiliardarlehen erteilte und dem nationalen Recht genügende Widerrufsinformation nicht wegen eines Verstoßes gegen die Verbraucherkreditrichtlinie zu einem Widerruf des Darlehensvertrags berechtigt.
Ebenso klar ist, dass auch andere Verbraucherdarlehen nicht wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung widerrufen werden können, wenn die Widerrufsinformation dem gesetzlichen Wortlaut entspricht.
Weiterhin möglich sind Widerrufe aufgrund anderer Fehler in einem Verbraucherdarlehensvertrag, beispielsweise dem Fehlen einer Pflichtangabe. Sprechen Sie uns an!
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[Original-Newsletter vom 06.04.2020]
Der Europäische Gerichtshof hat mit einem aufsehenerregenden Urteil vom 26.03.2020 für die Schlagzeile gesorgt, dass hunderttausende Verbraucher ihre Darlehensverträge widerrufen können.
Zu diesem Urteil haben wir einen Newsletter veröffentlicht, der in Unterpunkt 4 auf die Risiken dieser im ersten Moment "sensationellen" Schlagzeilen hinweist. Den vollständigen Newsletter bekommen Sie hier.
[Stand: 20.03.2020]
Das vorherrschende gesellschaftliche Thema in diesen Wochen ist die bereits als „Pandemie“ bezeichnete Ausbreitung des SARS-CoV-2, einer besonderen Form eines Corona-Virus‘.
Wir können leider nicht die Lieferung von Desinfektionsmitteln oder Toilettenpapier beschleunigen, allerdings können – und möchten – wir Ihnen einige Hinweise geben, die für Sie als Arbeitgeber jetzt besonders wichtig sind.
Unsere Themen in der Übersicht:
1. Fürsorgepflicht der Arbeitgeber
2. Ihre Rechte und Pflichten als Arbeitgeber
3. Was passiert bei Quarantäne?
4. Was passiert, wenn mein Betrieb geschlossen wird?
5. Was gilt bei gegenseitigen Verträgen? Kann ich zurücktreten, habe ich ein
Sonderkündigungsrecht?
6. Welche Hilfe kann ich vom Staat erwarten?
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